Also klingelt um 8 Uhr der Wecker.
Ich bin definitiv nicht seiner Meinung, aber wir stehen trotzdem auf.
Auf dem Weg zum Bad erwarten uns bereits zwei Kreuzfahrer!
Naja, anderthalb.
Zum einen hat die MSC Grandiosa bereits angelegt und zum anderen haben wir direkt neben uns ein Morelo Wohnmobil, pardon, Reisemobil stehen.
Das Wetter ist eher durchwachsen, wir überlegen ob wir nicht besser den Regenschirm oder die Regenjacken einpacken sollen für die Fjordtour?
Zunächst aber holen wir uns frisches Brot vom Supermarkt direkt nebenan und frühstücken.
Es gibt zahlreiche Touren in Geiranger zu buchen: mit dem Ausflugschiff, mit dem Elektroauto, mit dem Ebike, mit dem Kajak, mit der Zipline, mit dem Bus, mit dem Schlauchboot…
Natürlich buchen wir Schlauchboot, Kajak und Zipline…
…nicht, sondern nehmen das Ausflugschiff.
Die Fahrt soll um 11 Uhr starten und wir sind schon um kurz nach 10 Uhr am Pier neben der Touristinformation, was sich als gute Idee erweist.
Auf dem Weg dahin genießen wir schon ein wenig die Eindrücke der kleinen Läden und die Aussicht.
Das kleine Örtchen und seine Gasse sind schon gut gefüllt.
Unmengen an Kreuzfahrtpassagieren schwärmen umher und viele haben das gleiche vor wie wir: eine Fjordtour machen!
Wie erwähnt sind wir früh am Pier und schaffen es tatsächlich in erster Reihe am Check In zu stehen, eine knappe dreiviertel Stunde bevor dieser wirklich öffnet.
Unsere Tickets haben wir gestern Abend schon online gekauft, wir wollten sicher gehen noch welche zu kriegen (die Touren drumherum waren schon ausgebucht) und hatten keine Lust auf Schlange stehen an der Kasse.
So lassen wir erstmal die Passagiere der ersten Tour von Bord steigen und warten brav.
Zu brav, wie sich herausstellt – zwei ältere Herren, durch ihre Schildchen klar als Kreuzfahrtpassagiere zu erkennen, versuchen sich laut auf spanisch polternd schon an Bord zu bringen. An uns anderen Wartenden vorbei.
Sie werden freundlich aber bestimmt vom aufpassenden Crewmitglied daran gehindert, sind dann aber fest davon überzeugt, dass ihnen der erste Platz in der Reihe gebührt und lassen sich auch nicht vom Gegenteil überzeugen.
Unsere Laune sinkt – noch mehr als die beiden auch noch anfangen übel riechende Zigarillos zu qualmen.
Schließlich ist es 10:45 Uhr und der Check In startet.
Unsere beiden Amigos rufen als erstes noch 5 weitere Damen und Herren hinzu, die nun mit ihnen an Bord sprinten.
Glücklicherweise – zumindest für uns – verschwinden sie sofort unter Deck. Da wollten wir eh nicht – aufgrund der freieren Sicht und der besseren Chance Fotos zu machen wollen wir aufs Oberdeck, auch wenn dort “nur” Plastikbänke auf unsere Hintern warten.
Wir entern also eine dieser Bänke, ergattern noch einen Audioguide und kurz drauf geht die Fahrt los.
Durch den Audioguide erfahren wir allerlei Geschichten rund um Geiranger (das übrigens Gäirenger ausgesprochen wird) und das Fjord.
Früher war das Örtchen im Winter wirklich komplett abgeschnitten, zum Frühjahr hin brauchten alle Männer des Dorfes über 2 Monate um die Straßen und Wege wieder frei zu machen.
Heutzutage gibt es im Winter immerhin Internet & Telefon und ein Rettungshubschrauber ist innerhalb weniger Minuten vor Ort (der Arzt kommt jeden Mittwoch eingeflogen). Aber die 10 Straßenarbeiter brauchen mit den gri0en Schneefräsen immer noch 2 Wochen um die Straßen wieder frei zu kriegen und bleiben dann noch über Wochen im Einsatz um sie auch frei zu halten. Auch dieses Jahr war die Straße nach Geiranger noch bis zum 11 Mai gesperrt.
Wir staunen, denn die Straße über die wir in den Ort gekommen sind war absolut schneefrei. Was ein paar Wochen ausmachen können!
Denken wir.
Wir erfahren die Geschichte der sieben Schwestern und des Freiers, einer alten Hebamme die im Winter einen Berg bestieg und der politischen Führung Europas die zur Silberhochzeit des Königspaars ebenfalls kilometerlang zu Fuß einen Berg ersteigen musste.
Das Wetter bleibt zwar bedeckt aber trocken und so sammeln wir weiter jede Menge Eindrücke und noch einen weiteren Kreuzfahrer.
Hast Du auch das Gesicht im Fels entdeckt?
Nach einer guten Stunde sind wir zurück an Land.
Durch die Gasse mit den Läden (ja, wirklich – es ist EINE Gasse, Geiranger ist WIRKLICH klein!) bummeln wir zurück zum Campingplatz und machen uns auf den Weg.
Die Straße raus aus Geiranger ist quasi so wie es rein ging: steil und kurvig – nur über viel längere Strecke. Und Höhe.
Wir ahnen, dass unsere Straße gestern vielleicht nicht die Zufahrtstraße ist von der im Audioguide gesprochen wurde.
Und tatsächlich bekommen wir nicht nur noch einen schönen Ausblick zurück auf das Geiranger Fjord sondern finden auch wieder etwas Schnee.
Immerhin haben wir auch schon ordentlich Höhe gemacht.
Die Straße führt sogar noch weiter hinauf und der Schnee wird massiv mehr.
Neben Schnee kommt dann auch noch Nebel (oder schon Wolken?) hinzu und es wird wirklich spannend zu fahren.
Wir sind mitten drin im Schnee, in einem Wahnsinnsberg Schnee.
Ich bin völlig geflasht, so hab ich mich das letzte Mal gefühlt als ich in den 80er meinen ersten Winter in Schleswig-Holstein erlebt habe und mit der Grundschule an den Surendorfer Strand bin und dort gefühlt riesige Eis- und Schneeberge überall waren.
Aber da war ich bedeutend kleiner. Krass. Geil!
An manchen Stellen behalten auch die Warnschilder vor Glatteis recht und wir kommen den Wänden aus Schnee einige Male sehr nah.
Unten am Ende des Eintrags findet ihr auch wieder bewegte Bilder dazu.
Wir haben zwischenzeitlich links und rechts aus dem Fenster geschaut und nur eine Wand aus Schnee gesehen.
Und Cora L. ist 3,09 Meter hoch!
Gut 20 Minuten sind wir so unterwegs bis es sich schließlich lichtet und wir auf einer Hochebene angekommen sind, die der am Polarkreis ähnelt.
Der weitere Weg führt uns nach und nach wieder bergab und aus den Schneemassen werden Flüsse mit teils beeindruckenden Stromschnellen.
Und tatsächlich finden wir uns weitere 20 Minuten und einige Kilometer weiter wieder inmitten grüner Wiesen und Wälder als wäre nichts gewesen.
Langweilig wird es hier wirklich nie!
Auf dem letzten Bild ist sogar ein Elch zu sehen. Theoretisch!
Für den nächsten Urlaub muss dringend besseres Kameraequipment her.
Wir tanken und freuen uns einerseits (vor allem ich) über den weiterhin guten Durchschnittsverbrauch und zum anderen (vor allem Ela) über bunte Autos.
Es dauert noch einige Zeit bis wir ein letztes Tagesziel für heute erreichen: die Stabkirche Lom.
Sie ist eine der größten Stabkirchen Norwegens und schon ganz anders von der Erscheinung her als die kleine Stabkirche Fantoft in Bergen.
Im Inneren erinnert Sie schon sehr an eine “echte” Kirche während außen vor allem die Drachenköpfe an den Dachfirsten auffallen.
Man erkennt daran und an vielen weiteren Details den Übergang von der nordischen Mythologie zum Christentum.
Umgeben ist sie von einem Friedhof und man erkennt nicht nur an diesem, dass diese Kirche auch aktuell noch aktiv genutzt wird.
Von hier aus machen wir uns auf dem Weg weiter gen Süden, morgen wollen wir die Stabkirche Heddal – die größte der Stabkirchen – anschauen.
Dieser Tag war wirklich mal wieder voll mit Eindrücken und Erlebnissen.
Wir fahren die E6 weiter entlang und versuchen es spontan bei einem Campingplatz, leider erfolglos, dieser hat noch geschlossen.
Der nächste Versuch klappt, wenn auch mit Glück – dort wird gerade umgebaut und eigentlich findet kein Tagesgastbetrieb statt.
Wir sind die berühmte Ausnahme und haben quasi alles für uns.
Davon merken wir aber nicht mehr viel, da wir müde sind und früh ins Bett gehen.